bergauf – Perspektiven bei Studienzweifeln

Ausfahrt verpasst?

Wo wollte ich nochmal hin?

Jeder Studierende schreibt seine eigene Geschichte, denn jeder kommt auf seinem ganz eigenen Weg ans Ziel und jeder macht auf diesem Weg seine eigenen Erfahrungen. Und jeder kann seine Bildungsbiografie so formen, dass sie zu seinen Wünschen und Bedürfnissen passt. Im Projekt "bergauf" geben wir jungen Menschen mit Zweifeln auf ihrem Bildungsweg Impulse zu einer individuellen und guten Entscheidungsfindung.

Unten erzählen Studierende und Ehemalige, welche Erfahrungen sie gemacht haben auf ihrem (Um-)Weg zum Traumstudium oder -beruf und was ihnen geholfen hat, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Zu Wort kommen sollen hier demnächst auch Ausbilder, die froh sind über das Know-how, das ehemalige Studierende in der Regel mitbringen.

„Nach dem Abi herrschte bei mir die volle Überforderung. Es gab so viele Möglichkeiten und ich hatte überhaupt keine Ahnung. Ich hab mich deshalb für alle möglichen Studiengänge beworben. Eigentlich wollte ich irgendwas mit Management und Design machen und hab mich deshalb für Druck- und Medientechnik und Wirtschaft entschieden. Ich hab schnell gemerkt, dass ich da ganz falsch bin: Informatik, Physik, Wirtschaft – das hatte alles überhaupt nichts mit dem zu tun, was ich mir unter den Studiengängen vorgestellt habe. Ich hätte mich da vorher besser beraten lassen sollen. Als ich eine Kommilitonin kennenlernte, die als zweites Fach Kunst studierte, war ich total begeistert. Ich hab angefangen zu überlegen, was ich wirklich machen möchte und schließlich – unabhängig von Jobchancen und Beeinflussung von außen – eine Mappe und einen Eignungstest gemacht. Und ich wurde genommen: Jetzt studiere ich Kunst und Mediendesign/-technik im 9. Semester und steh kurz vor dem Bachelor.

Den Umweg bereue ich nicht. Er hat mir geholfen, selbstsicherer zu werden und herauszufinden, was ich wirklich will. Ich weiß noch immer nicht genau, ob ich später mehr praktisch oder theoretisch arbeiten möchte. Aber das kommt, da bin ich mir sicher. Meine Meinung ist: Du bist nur gut in dem, was Dir auch Spaß macht.“

"Vor der dritten Botanik-Prüfung im Bachelor of Science Biologie hatte ich richtig Panik. Ich wusste ja, dass ich Biologie nicht weiter studieren darf, wenn ich auch durch den Drittversuch durchfalle. Als ich die Prüfung dann tatsächlich nicht bestanden hab, habe ich mich einerseits geärgert, weil ich schon im fünften Semester war, andererseits war ich auch ein bisschen erleichtert. Allerdings hatte ich auf Anhieb keine Ahnung, was ich stattdessen machen sollte.

Kurz vor der Prüfung hatte ich angefangen, in der Flüchtlingshilfe ehrenamtlich Deutschunterricht zu geben und zusätzlich als Nachhilfelehrerin gearbeitet. Ich habe vorher nie über Lehramt nachgedacht, aber durch die Lehrtätigkeiten habe ich gemerkt, dass es mir großen Spaß macht.

Bevor ich mit dem Kombi-Bachelor Anglistik und Erziehungswissenschaften für Gymnasium und Gesamtschule in Wuppertal begonnen habe, habe ich die Angebote der Uni durchsucht. Dabei bin ich auf die Workshops der Zentralen Studienberatung gestoßen und habe dann vor meinem ersten Fachsemester den Workshop zum Zeit- und Selbstmanagement gemacht. Das hat mir sehr geholfen, weil ich vorher immer zu spät mit dem Lernen angefangen habe. Im Anschluss an den Kurs habe ich zu Hause richtig aufgeräumt und ausgemistet, damit ich ganz frisch, unbelastet und geordnet ins Studium starten konnte. Das hat funktioniert!

Als ich mitten in der Krise war, hatte ich das Gefühl versagt zu haben. Aber meine Eltern haben mich komplett unterstützt. Besonders meine Mutter, die selbst ein Fach studiert hat, das sie nicht so richtig interessiert hat. Jetzt kann ich sagen, dass die Krise meine große Chance war, das zu finden, was mich glücklich macht.“

„Ich habe vier Semester Informationstechnologie an der Bergischen Universität studiert. Schon während des Studiums habe ich an den Exkursionskursen des Career Service der BU Wuppertal teilgenommen und eigentlich alle Unternehmen besucht, die da mitgemacht haben. Das waren mindestens fünfzehn. Ich wollte einfach mal gucken, was die Firmen so machen und wie das Arbeitsleben so aussieht.

An der Uni war ich ein ziemlich entspannter Student. Ein bisschen zu entspannt vielleicht, um richtig vorwärts zu kommen. Meine Eltern haben zwar nicht wirklich Druck gemacht, aber gefragt haben sie schon zwischendurch, wie es so aussieht mit den Prüfungen. Spaß hat mir das Studium schon gemacht, aber gestört hat mich, dass es so theoretisch war. Ich wollte lieber was Praktisches machen.

Jetzt bin ich im dritten Lehrjahr meiner Ausbildung als Fachinformatiker mit Fachrichtung Systemintegration bei der IT-Agentur netzkern in Wuppertal. Die hatte ich zweimal im Rahmen der Exkursionen des Career Service besucht. Hier verwalte und betreue ich die Systeminfrastruktur, d.h. ich kümmere mich um die Server (Rechner) vor Ort und im Rechenzentrum, bin aber auch verantwortlich für den Inhouse-Support von z.B. Rechner-Problemen, betreue das Hosting für Kunden und vieles mehr. Das ist abwechslungsreich und passt viel besser zu mir als das Studium.

Dass alles so gekommen ist, ist ein glücklicher Zufall. Ich hatte mich mit den Leuten von netzkern auf einer der Exkursionen unterhalten und mich dann – nach deren Angebot – auf die offene Stelle beworben.

Das Ganze hat mir jedenfalls gezeigt, dass es auch anders richtig gut geht. Und man kann ja alles noch machen. Vielleicht mach ich das Studium sogar irgendwann zu Ende.“

„Ich bin 30, hab 16 Semester Sicherheitstechnik studiert und keinen Abschluss an der Uni gemacht. Ein Stillstand war das aber nicht – zumindest kann ich das rückblickend sagen. Ich habe nebenher viel gearbeitet und vom Studium einiges mitgenommen, das ich jetzt gut gebrauchen kann. Sicherheitstechnik ist ein ziemlich starker Studiengang, nach dem Abi hatte ich allerdings keine Ahnung, was mich da erwartet. Irgendwann habe ich gemerkt, dass das Studium nicht das Richtige für mich ist und habe mehrfach versucht, den Absprung zu schaffen: Ich habe mich auf alle möglichen Ausbildungsstellen beworben und daraufhin eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann angefangen. Dort konnte ich aus betrieblichen Gründen meine Ausbildung nicht fortsetzen und bin noch einmal zurück ins Studium. Hier hätte ich mir insgesamt mehr Unterstützung gewünscht, denn es muss doch auffallen, wenn ein Student nicht vorwärtskommt. Ehrlich gesagt konnte ich aber auch nicht richtig loslassen – vielleicht, weil ich keine Alternative, keine Perspektive hatte. Aber wenn man nicht loslässt, kann man nichts Neues anfangen!

Bei der Agentur für Arbeit hatte ich dann einen Akademikerberater, der mir geholfen hat herauszufinden, wo meine Interessen und Stärken liegen. Daraufhin habe ich mich endlich exmatrikuliert und noch einmal angefangen, Bewerbungen zu schreiben. Bei der Firma Muckenhaupt & Nusselt hat es dann geklappt: Jetzt bin ich im zweiten Ausbildungsjahr zum Industriekaufmann und studiere gleichzeitig im 3. Semester den Dualen Studiengang Wirtschaft an der Technischen Akademie Wuppertal. Das bedeutet: 1 ½ Tage Berufsschule in der Woche, 3 ½  Tage arbeiten und alle zwei Wochen samstags zur Uni. Ich genieße dort den „Klassenverbund“ mit nur 18 Leuten im Semester, die Praxis … und natürlich habe ich eine Verpflichtung dem Arbeitgeber gegenüber, der das Studium finanziert.

Ich merke schon, dass ich älter bin als der typische Auszubildende. Aber eigentlich ist das gut so, denn ich werde nicht behandelt wie ein Anfänger. Ich bin ja nicht nur älter, sondern bringe wider meines Erwartens einiges an Fachwissen mit, zum Beispiel die Fachsprache, die musste ich mir nicht erst aneignen. Das hat mir geholfen, viel schneller reinzukommen.“

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